Dem Goldrausch entgegen

Yeah, wir haben Dawson Creek erreicht und damit den Anfang des Alaska Highways! Diesem werden wir zunächst bis Whitehorse folgen. Einen schlechteren Tag für diese landschaftlich fesselnde Strecke könnte es nicht geben. Es regnete und wurde wieder kalt. Wir hatten sogar nochmals Schnee auf dem Pinkmountain.  

Zerknirscht fuhren wir weiter, als sich der Grasbüschel am Rand der Strasse plötzlich bewegte. Leider waren wir nicht schnell genug um diesen überdimensional grossen Igel von vorne festzuhalten. Das Wetter wurde besser und damit auch unsere Laune, denn wir haben endlich einen Bären gesehen. Was heisst gesehen, wir konnten ihn beobachten wie er ohne Eile graste und sich auch von uns nicht beirren liess. Später grüsste uns der Wolf und einige Elche standen nach einer Hügelkuppe plötzlich auf der Strasse. Der Tag war also gerettet und die Sonne liess sich zwischendurch auch blicken. Am Abend standen wir unweit des Flusses an einem Jägerplatz.  

Der Alaska Highway folgt einigen Flüssen und Seen, so auch dem Muncho Lake. Auf dem See lag noch eine Eisschicht, die am Rand langsam auftaute. Der See erstrahlte in kaltem Türkis. Er erinnerte mich an den Walensee in der Schweiz. Auf der einen Seite steile Berghänge und auf der anderen Seite die Strasse entlang des Wassers. Schon wenige Meter vom Ufer entfernt ist der Muncho Lake 90 Meter tief. Beim Bau des Highways gingen darin viele Maschinen verloren. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Taucher in mir am liebsten den Grund erforschen würde.  

An den Liard Hot Springs trafen wir die Australier wieder, denen wir am Tag zuvor begegnet sind. So sollte es weitergehen. Alle haben mehr oder weniger dieselbe Route und man sieht sich immer mal wieder. Nach den kühlen Nächten und langem Sitzen war es eine Wohltag, sich im heissen Wasser zu entspannen. Danach wollten wir nicht mehr weit fahren und sind deshalb vom Highway runter Richtung Liard River abgebogen, wo wir hinter einem Airstrip einen grossartigen Platz gefunden hatten. Plateau mit Blick auf den Fluss, Bäume für die Hängematte hatte es genug, Grill heiss gemacht, Sonne lächelte ins Gesicht – so lässt es sich geniessen!  

Erinnerst Du dich noch an den Igel? Nach einem abrupten Bremsmanöver schaute ich Stefan verdutzt an. Er meinte nur, steig aus, da ist der Igel unten im Gebüsch. Gesagt, getan. Wir pirschten uns ein wenig näher an das Tier heran um es zu beobachten. Plötzlich hat es mir den Arsch zugedreht, die Stacheln aufgestellt und ein klapperndes Geräusch gemacht. Stefan meinte nur: „Schatz, ich glaube es hat dich gesehen.“  

Der Norden hält was er verspricht. Die Tierwelt ist zahlreich und wir haben schon einige gesehen. Der Fuchs ging auf der Strasse spazieren. Bären, Elche und Büffel füllen sich ihre Mägen mit Gras am Strassenrand. Es gibt selbstmordgefährdete Erdmännchen. Diese kleinen Tiere warten an der Strasse, bis ein Auto kommt (so kommt es mir zumindest vor), dann rennen sie in die Mitte und stellen sich in Position.  

In Whitehorse angekommen endet für uns die Reise auf dem Alaska Highway vorerst. Wir parkten auf dem Walmart Parkplatz, der auch als Camping fungiert. Es gab etwa 15 Camper, die schon dastanden. Teilweise waren sie auch schon ewig da. Wir haben den Franzosen, den wir im Westen getroffen haben hier wiedergesehen. Neue Bekanntschaft haben wir mit Fatima und Jordi gemacht. Spanier, die schon durch Russland und die Mongolei gereist und Alaska bei -17 Grad erobert hatten. Whitehorse ist ein Treffpunkt Reisender aller Art. Die einen kommen von Alaska, die anderen sind auf dem Weg nach Norden. Man tauscht sich aus und besorgt sich alles Nötige im Supermarkt. Denn im Norden wird alles teurer und die Auswahl spärlicher, wenn es denn noch eine gibt.  

Weiter ging es auf dem Klondike Highway in Richtung Dawson City. Auf halber Strecke bogen wir rechts ab auf den Silver Trail nach Keno. Eigentlich war dieser nicht auf unserem Plan. Allerdings meinten zwei Jungs, sie sei lohnenswert. Vor allem sollen wir auf den Keno Hill, sie seien da mit dem normalen PKW nicht raufgekommen aber wir sollten es schaffen. Die Aussicht von da oben soll fantastisch sein. Das wollten wir herausfinden. Also sind wir da hochgefahren und haben uns unterwegs gefragt, wieso die Jungs denn nicht hochkamen? Weiter ging es bis zum Schnee, und durch den Schnee… wo das Zebra dann halt machte. Es ging weder vor noch zurück – und das um fünf Uhr abends! Glücklicherweise geht die Sonne hier erst gegen 12 Uhr unter, da hatten wir genügend Zeit. „Ich glaube, wir stecken fest“, war von Stefan überflüssigerweise zu hören. Denn ich hatte schon meine Tür aufgemacht und war ebenerdig mit dem Schnee. Das Auto hatte sich also selber auf dem Schnee aufgebockt. Jetzt hiess es Schippe holen, Sandbleche runter und buddeln. Nach einer Stunde und mithilfe aller zur Verfügung stehender Mittel war das Auto befreit. Den kurzen Ausflug auf dem Silver Trail rundeten wir am nächsten Tag mit einer Wanderung ab, wo wir auf einen zerfetzten Elchkadaver gestossen sind. Dieser hat so gestunken, dass ich nun mit Sicherheit weiss, wieso ich kein Pathologe bin. 

In Dawson City angekommen begaben wir uns auf die Spuren der Goldgräber. Wir fuhren den Hunker Creek / Bonanza Loop. Die Stimmung war perfekt. Du fährst rauf und runter, zwischen den Hügeln durch und kannst sehr gut sehen, wo die Berge umgegraben wurden. Da steht wahrscheinlich kein Stein mehr wie vorher. Die Stadt selber erstrahlt in altem Glanz. Viele Gebäude sind wie sie damals erbaut wurden und sehr gut restauriert. Die Angestellten tragen Kostüme wie in den alten Tagen. 

Bevor wir nun aber die Stadt gross erkundeten wollten wir das Abenteuer Dempster Highway angehen. Dieser Highway führt nach Inuvik, die nördlichste per Auto noch zu erreichende Stadt. Leider waren die Fähren noch nicht im Wasser, da dieses zu hoch war. So fuhren wir ein wenig weiter als der Arctic Circle. Ab Km 50 beginnt der interessante Teil der Strecke. Zuerst fährst du durch den Tombstone Territorial Park, der mit seinen Bergen grandios ist. Die Landschaft verändert sich und du kannst sehr weit sehen. Das Schöne daran ist, dass man das Wetter sieht. Und die Strasse führte uns direkt in einen dunklen, wolkenbehangenen Abgrund (weniger schön). Auf dieser Strecke hatten wir alles an Wetter. Nach dem Regen kam die Sonne und dann der Nebel. Aber die Natur rundherum ist trotzdem atemberaubend. Wegen des Wetters verkürzten wir unseren Aufenthalt und fuhren frühzeitig zurück. Auf dem Rückweg grüssten uns zwei Grizzlybären, die wir beobachten konnten. Leider konnten wir nicht bis Inuvik fahren. Da ich aber ein positiver Mensch bin, möchte ich gerne die positive Seite hervorheben: Es hatte keine Lastwagen, die mit Steinschlag drohen wenn sie an dir vorbeifahren und auch sonst trafen wir beinahe keine andere Menschenseele an. Verabschiedet hat sich der Dempster mit einem Regenbogen über den Berggipfeln und dem Dreck, den die Karre trug. Das Zebra hatte sich angepasst und war nicht wiederzuerkennen. 

Am nächsten Tag liessen wir es uns in Dawson City gutgehen mit Silvia und Marita. Den beiden Ladies, die wir ganz am Anfang der Reise in Nova Scotia kennengelernt haben. Wir hatten einen lustigen Abend im Casino mit viel Alkohol. Danach luden sie uns noch auf einen Whisky zu sich ins Wohnmobil ein (der hatte mir wahrscheinlich den Rest gegeben). Am nächsten Tag hatte ich mit den Nachwehen zu kämpfen und wir verschoben die Einreise nach Alaska um einen Tag. 

Nun wurde es aber langsam Zeit für die letzte Grenze im Norden. Die Strasse windet sich kurvig durch die Natur. Links und rechts spektakuläre Aussicht auf Berggipfel. Du fühlst dich, als wärst Du auf dem Dach der Welt. Nicht umsonst heisst die Strasse Top of the world Highway. Die Einreise in die USA war schnell erledigt. Ausser nach Waffen wurden wir gar nichts gefragt. Und schwupps waren wir drin. Das erste Stück ist so gut geteert wie unsere Autobahnen, danach fing der Schotter jedoch wieder an. Stefan liess die Luft aus unseren Reifen, da es so angenehmer zu fahren ist. Als er da niedergekauert sass, sah er das Wasser vorne unter dem Auto. Es war alles nass! Schnell in den Overall gehüpft musste der Grund dafür herausgefunden werden. „Da ist wohl der Kühler undicht“, tönte es unter dem Auto hervor. Mist, was sollen wir tun? Zurück zur Grenze zu fahren war die beste Entscheidung. Die Beamten haben uns super lieb geholfen. Wir konnten das Telefon benutzen und so den CAA anrufen. Nach zwei Stunden Wartezeit trafen dann auch die Marita und Silvia an der Grenze ein. Sie offerierten uns einen warmen Tee. Vielen Dank nochmals dafür! Minuten darauf war Doug hier mit seinem GMC Pick-up mit selbstgebauter Ladefläche (ein ehemaliges Feuerwehrauto). Stefan sass im Zebra und wurde auf die Fläche dirigiert. Doug murmelte ein „pretty heavy“ und ich sah mir das Spektakel mit gemischten Gefühlen an. Die Hydraulikschläuche waren mit dem Gewicht des Zebras ein wenig überfordert. Aus den Fittings tropfte Hydraulikflüssigkeit. Nach einem Rumgefummel am Druckregler war das Zebra wumms auf der Ladefläche. Auf der Rückfahrt schnaufte der Pick-up gehörig, aber wir sind heil nach Dawson zurückgekommen. Doug meinte noch, er habe den richtigen Mann für uns und würde uns da abladen. Kelly ist ein Schweisser und sah aus wie ich mir einen Tüftler vorgestellt hatte.  

Konnte Kelly unseren Kühler wieder zusammenflicken? Weiter geht es im nächsten Beitrag.  

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Kommentare: 3
  • #1

    Melitschga;) (Montag, 29 Mai 2017 10:46)

    Du schreibst super, mit Humor und Spannung. Ich bin schon gespannt wie es mit eurer Reise weitergeht. Ich möchte am liebsten mein Rucksack packen und losziehen. Geniesst es!

  • #2

    Silvia (Montag, 29 Mai 2017 21:23)

    Hallo toller Bericht,
    Wandern im Denali mit Übernachtung im Zelt ?
    Habe deine email nicht
    Bis bald freuen uns wenn wir uns sehen

  • #3

    Marita (Mittwoch, 31 Mai 2017 03:39)

    Hallo Yasmin. Habe gerade noch mal durch Deinen Blogartikel die letzten Tage Revue passieren lassen. Dir ist ein eklatanter Fehler unterlaufen. Denn: Ich glaub ne Lady werd ich nie. Freuen uns auf den Denali. Bitte dieses Mal ohne Panne.
    LG Marita