Verschiedene Leute rieten uns, den Hatcher Pass zu fahren. Also machten wir das doch. Der Pass war dann leider noch zu. „Lass uns mal schauen wie weit wir kommen.“ Es waren Strassenarbeiten im Gange und eigentlich hätten wir dann gar nicht mehr weiterfahren dürfen nach gefahrenen 50 Kilometern. Das Zebra passte jedoch durch den Durchgang und so fuhren wir auf gut Glück hoch. Weit kamen wir nicht. Da stand ein Bauarbeiter und folgte strikt der Weisung niemanden durchzulassen. Es hat sich trotzdem gelohnt hochzufahren. Die Aussicht war wunderbar.
Mit dem Wetter ist es so eine Sache: wir haben zwar Sonne bestellt, aber irgendwann regnet es auch wieder. Als wir den Seward Highway gen Süden fuhren war die Sonne nicht mehr zu sehen und es wurde zunehmend ungemütlich. Halt machen und gross die nicht vorhandene Aussicht geniessen lag dabei leider nicht drin. So sind wir bis kurz vor den Exit Glacier gefahren. Dieses Mal nächtigten wir in einem Flussbett. Die Wolken verzogen sich und gaben den Blick auf die umliegenden Berge frei. Am nächsten Tag stiegen wir auf durch den Regenwald zu den Top of the cliffs um eine traumhafte Aussicht auf den Exit Glacier zu geniessen. Es war hier oben auch eindeutig wärmer und die Sonne schien. Nach einer kleinen Schiffs-Tour durch den Fjord vor Seward mit Humpback Wal Sichtungen und Bekanntschaft mit den Seeottern fuhren wir Richtung Whittier an einen nachtplatz. Ich stand sicherlich etwa fünf Minuten draussen. Habe Stefan eingewiesen und mich sonst umgeschaut. Dann stieg ich kurz ins Auto ein. Blitzartig und mit einem Hechtsprung der Höchstnote war Stefan auch wieder im Auto. Bär… Schwarzbär… stotterte er. Und siehe da, etwa 6 Meter weg hat uns ein stolzes Exemplar beobachtet. Er stieg seelenruhig auf den Baum, kam wieder runter und schritt davon. Da hatten wir ja nochmal Glück gehabt.
Nach Whittier kommt man nur durch einen einspurigen Tunnel, der abwechslungsweise für eine Richtung geöffnet ist. Auch die Eisenbahn teilt sich denselben Tunnel. Whittier ist klein und es ist nichts los. Wir sind bis ganz zum Ende gefahren und haben einen schönen Trail zu einem Wasserfall entdeckt. Die Natur hier (und auch schon in Seward) duftet nach Regenwald und die Farben sind richtig satte Töne. Bei Sonnenschein ist es in Whittier sicherlich schön. Da es aber regnete entschieden wir uns, zügig Richtung Valdez zu fahren.
Je näher wir jedoch Valdez kamen, desto sonniger wurde es. In Valdez standen wir für eine Nacht wieder einmal auf einem Campingplatz. Da konnten wir seit langem unbeschränkt und ohne Zeitdruck duschen. Das war wie Weihnachten, einige von euch verstehen mich sicher sehr gut. Gerade rechtzeitig bezogen wir Position, um die Adler Fütterung zu beobachten. Es sind wilde Adler, die aus freien Stücken kommen, bis ca. Mitte Juni. Danach schwimmen die Lachse in den Flüssen von Alaska und die Adler suchen sich ihr Futter in den Gewässern selber. Es war eine unglaubliche Show, die die Tiere abzogen, nie verlegen um einen Kampf bis sie den Fisch hatten. Am nächsten Morgen sollten wir Glück haben, denn es zeigte sich, dass der erste Tag in Valdez ein perfekter war. Mit der Lulu Belle fuhren wir aufs Meer. Die letzten Wolken haben sich verzogen und die Sonne strahlte auf unser Haupt. Wir sahen niedliche Seeotter, die sich auf dem Rücken liegend im Wasser sonnten. Die Landschaft war atemberauend schön. Das Wasser glitzerte und die Berge reflektierten sich darin. Ich sah verträumt aufs Meer hinaus als plötzlich zwei Orcas elegant auftauchten. Nach dreimal Luftholen waren sie auch schon wieder verschwunden. Der Humpback whale liess nicht lange auf sich warten. Zum Abschied hat er uns seine Schwanzflosse gezeigt – WOW! Wir waren sprachlos! Leider kamen wir nicht an den Gletscher heran, weil zu viele Eisbrocken im Wasser schwammen. Dies tat dem Erlebnis jedoch nichts. Fesselnd, wie der Kapitän das Schiff zwischen den Eisschollen hindurch manövrierte. Der Wind wurde merklich kühler. Plötzlich umzingelte uns das Eis, es kam von allen Seiten angetrieben. „Hoffentlich müssen wir nicht kalt baden“, war mein Gedanke. Logisch nicht! Der Kapitän machte dies schon gefühlt sein Leben lang. Und dies mit einer Hingabe und Passion, dass auch der letzte Skeptiker mitgerissen wird. Auf der ganzen Fahrt lenkte er nämlich nicht nur das Schiff, sondern plauderte auch aus seinem Nähkästchen. Ununterbrochen erzählte er Fakten, Anekdoten und Witze. Es war wie einem Hörspiel zuzuhören. Am Abend standen wir am Glacier Viewpoint. Der Gletscher hatte sich schon vor Jahren nach hinten verzogen, sodass davon nichts mehr zu sehen war von dem Punkt aus. Wir sahen jedoch Nate, der sich schon eingefunden hatte. Wir haben ihn am Vorabend auf unserem Camping kennengelernt. Zwei Australier waren auch schon da, Tim und Dave. Gemütlich standen wir ums Lagerfeuer und haben gequatscht, als ein Pick-up heranfuhr. Zwei Jungs stiegen aus. Der eine tätowiert bis ins Gesicht, der andere zog noch schnell ein T-Shirt über und steckte seine Waffe ein. Insgeheim hofften wir alle auf einen schnellen Abgang der beiden. Der Tattoo Typ stellte sich als Fuckhead vor (das kann ja heiter werden). Nach kurzem Gefasel zogen sie aber zum Glück wieder von Dannen. An den Knarren, die viele offen herumtragen, merken wir, dass wir in den USA sind. Sicherer fühle ich mich dadurch nicht, aber gewöhnen tut man sich daran. Es ist besser das auszublenden als sich auszumalen was Fuckhead damit anstellen könnte. ;)
Weil das Wetter noch immer so schön war, entschieden wir uns, die McCarthy Road zu fahren. Eine Strasse genau nach unserem Geschmack: wenig Leute unterwegs und unbefestigt. Diese führt in den Wrangell-St. Elias Nationalpark. Der Park ist grösser als Dänemark oder Costa Rica. Stell dir das mal vor, nur schon dieser Park ist grösser als ein Land! Jetzt hast du auch eine klitzekleine Ahnung wie gross sich der Staat Alaska anfühlt. Unterwegs erforschten wir eine alte Brücke, einige schöne Camping Spots und spektakuläre Aussichten. Am Ende der Strasse erreichten wir über Fussgängerbrücke und Shuttle den alten Kupfermienen Ort Kennicott. Gemütlich schlenderten wir um die roten Häuser herum und staunten nicht schlecht, wie viel die Menschen im Tal umgegraben hatten. Nach einem einfachen Trail erreichten wir dann auch den Gletscher, wo wir endlich mal draufgehen konnten!
Der nächste Abstecher in den riesigen Nationalpark war die Nabesna Road. Dies ist neben der McCarthy Road die zweite und letzte Möglichkeit, in den Wrangell-St. Elias Nationalpark zu gelangen. Mehrere Campingmöglichkeiten säumen die Strasse. Wir entschieden uns für den kostenlosen Campground mit mehreren Stellplätzen. Rundherum gibt es Wald, viel Wald und dann Berge. Die Wolken hingen in den Bergen fest. Wir konnten sehen, dass es da regnete, über uns schien jedoch die Sonne. Es war eine fantastische Atmosphäre. Die Mücken fanden das wahrscheinlich auch – sie waren zu abertausenden unterwegs.
Den letzten Abend in Alaska verbrachten wir ca. 50 Kilometer vor der Grenze an einem See. Die Sonne grüsste uns noch einmal und wir liessen Alaska Revue passieren. Die Berglandschaften mit ihren Gletschern, die Fischerstädtchen, der Denali Nationalpark, die Wildtiere – das ist Alaska. Das Highlight für mich war Valdez und der Tag auf dem Schiff.
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